Papiermuseum Gleisweiler

 
 
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Zur Ausstellung „Kokon”
Papierarbeiten von Gabriele Kaiser-Schanz

1. Ein Spaziergang, der es in sich hat

Diese Ausstellung ist eine Einladung zu einem Spaziergang, der es wahrhaft in sich hat. Die Essener Künstlerin Gabriele Kaiser-Schanz, 1968 in München geboren, hat sie aufgebaut als eine Folge von Stationen in einem Prozess, der einen Anfang und ein Ende hat, der aber keineswegs wirklich endet, sondern weiterhin geschieht - eine wahrhaft unendliche Geschichte.
Anfang und Anfänge vor dem Anfang, Ende und Enden nach dem Ende geben diesem kleinen Ausstellungsraum im Papiermuseum Gleisweiler eine ungewohnte Weite und zugleich eine ungewöhnliche Tiefe.
Die Ausstellung ist also eine Inszenierung, wir sind das Publikum; die Künstlerin ist die Autorin und sie führt Regie. Der Titel ihres Stückes könnte heißen: „Das Rätsel des Lebens”. Oder auch:
„Das Wunder der Verwandlung”. Oder auch: „Der lange Atem der Zeit.&rdquo
Und wie so oft ereignet sich das Wunderbare bei der Betrachtung von etwas, das anscheinend ganz und gar einfach und uns allen vertraut ist.

2. Aufbrechen

Auf dem Boden sehen wir zwei Formen aus steifem, dickem Papier, die die Vorstellung von zwei riesigen aufgebrochenen Eierschalen wecken. Daraus könnte ein erwachsener Mensch entschlüpft sein.
Und in der Tat: Die Bilderfolge auf dem Bildschirm an der Wand daneben bestätigt unsere Assoziation. In einer der großen Formen liegt die Gestalt einer jungen Frau in der Haltung eines Embryos. Sie bricht die Schale auf und befreit sich allmählich aus ihrer bergenden Hülle. Die Künstlerin hat ihr Thema Kokon in dieser Performance persönlich und leibhaft dargestellt.
Beispielhaft führt sie vor, was für sie wichtig ist, wenn es um den Aufbruch in das Leben geht, genauer gesagt: wenn es darum geht, wie aus einer Gestalt eine andere wird. Leben ist ja Bewegung und Verwandlung.
Bevor wir diesem Gedanken weiter folgen, den die Künstlerin in faszinierender Weise in ihren Arbeiten entwickelt, blicken wir für einen Augenblick auf die Freilicht-Bühne der Natur, wo sie ihr Thema geschaut hat.

3. Wachsen in der Stille

Wir erinnern uns: Ein Kokon ist ein Meisterwerk der Natur zum Schutz von Leben, das sich zu seiner vollendeten Form hin entwickelt. Nach ihrer Entwicklung aus dem Ei fertigen Insektenlarven, bzw. Raupen ein Gehäuse, in dem sie nach den bisherigen Durchgangsstadien ihrer Entwicklung zur Ruhe kommen. Die Raupen von Schmetterlingen spinnen sich mittels Fäden ihr ureigenes Traumhaus, in welchem sie sich selbst in ihrer reifen Form entgegenwachsen.
An dieser Stelle sei ein Hinweis auf die Seidenraupe erlaubt, die ihr Gespinst aus einem einzigen mehrere hundert Meter langen Faden webt und damit die Erfinderin eines zauberhaften, edlen Stoffes ist.
Im Kokon verpuppt sich die Raupe, das heißt, sie wandelt sich zum Schmetterling.
Der Vorgang ist unsichtbar und verläuft fast immer völlig lautlos - also in aller Stille.     >weiter

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